Strompreiserhöhung – Ärgernis oder Chance?

Meist kündigen die Stromlieferer es schon pauschal an: Die Strompreise werden steigen. Gern erhöhen sie zum Jahreswechsel. Wenn der Brief oder die E-Mail eintrifft, sind viele Verbraucher dennoch unvorbereitet. Was kann man tun? Zum Glück sind Sie nicht so hilflos und ausgeliefert, wie Sie sich im ersten Moment vielleicht fühlen. Es gibt einige Möglichkeiten, auf ständig steigende Strompreise zu reagieren. Und das wirkt sich nicht immer zu Ihrem Nachteil aus.

Angebot, Nachfrage und Wettbewerb

Stromerzeuger und -lieferanten machen wie jedes Unternehmen gern Gewinne. Daher geben sie Kostenerhöhungen an die Verbraucher weiter. Das ist durchaus marktwirtschaftlich gedacht. Doch zu einer funktionierenden Marktwirtschaft gehört auch Wettbewerb. Denn Strom wird ja nicht wirklich knapp, schließlich wird er erzeugt und auch der Bedarf ist keine unbekannte Größe.

Also warum Strom verteuern? So können und sollten Sie sich auf jeden Fall bei Preiserhöhungen nach einem günstigeren Stromtarif und somit nach einem besseren Stromversorger umsehen. Vergleichsportale helfen dabei und der Wechsel ist in wenigen Minuten erledigt. Die Preise berechnen sich nach dem Verbrauch. In der Regel wird der Preis daher in Kilowattstunden (KWh) angegeben.

Sonderkündigungsrecht in der Grundversorgung

Um den Verbraucher von den Fesseln langfristiger Verträge zu befreien, hat der Gesetzgeber ein Sonderkündigungsrecht eingeräumt. Stromversorger teilen sich in Grundversorger und Sonderversorger auf. Bei der Wahl des Anbieters gibt es bestimmte Dinge zu beachten. Sind Sie mit Ihrem Stromliefervertrag noch bei einem Grundversorger, also einem regional für die Haushalte zuständigen Versorger? Dann sollten Sie ohnehin einen Wechsel überlegen.

Prüfen und vergleichen Sie die Preise Ihres Grundversorgers mit denen anderer Anbieter. Ihr Grundversorger ist bei der Preiserhöhung an gesetzliche Auflagen gebunden: Er muss Preiserhöhungen schriftlich sechs Wochen vorher ankündigen und muss „Umfang, den Anlass und die Voraussetzungen der Änderung“ erklären (§5 Abs. 2 Strom GVV). Übrigens können Sie Ihren Stromliefervertrag unabhängig von der Preiserhöhung in der Grundversorgung immer mit einer Frist von lediglich zwei Wochen kündigen.

Sonderkündigungsrecht in der Sonderversorgung

Viele Verbraucher scheuen aus Gewohnheit den Aufwand des Stromanbieterwechsels, obwohl dies mittlerweile keine Mühe mehr bedeutet. Wenn Sie jedoch in der Sonderversorgung sind, also bei einem Stromanbieter, der nicht Ihr Grundversorger ist, dann haben Sie bereits einmal gewechselt. Nun gelten andere rechtliche Grundlagen. Die erste rechtliche Grundlage ist Ihr Vertrag, die zweite rechtliche Grundlage ist die Gesetzgebung.

Der Vertrag als beidseitige Willenserklärung

Anders als viele Verbraucher auf den ersten Blick meinen, ist ein Vertrag keine Zwangsjacke. Das ist er nur, wenn Sie nicht aufpassen. Rechtlich gesehen, ist ein Vertrag eine Willenserklärung, und zwar von beiden Seiten. Ihr Stromanbieter bietet Ihnen Strom für eine bestimmte Zeit zu bestimmten Konditionen, in der Regel ist der Preis ausschlaggebend.

Viele Angebote enthalten als Anreiz noch einen Bonus, den Sie erhalten, sobald der Vertrag abgeschlossen wurde. Auf die Willenserklärung des Stromanbieters reagieren Sie, indem Sie sich zum Beispiel dazu entschließen, dieses Angebot anzunehmen. So entsteht ein Vertrag.

Eine Preiserhöhung ist eine einseitige Änderung der Vertragsbedingungen

Ändert nun einer der Vertragspartner den Vertrag einseitig, so hat der andere das Recht, vom Vertrag zurückzutreten. Im vorliegenden Fall Sie. Denn Sie haben ja nur bestimmten Konditionen zugestimmt. In diesem Prinzip ist das Sonderkündigungsrecht verankert. Denn eine Strompreiserhöhung durch den Anbieter stellt eine einseitige Vertragsänderung im oben genannten Sinn dar (§41 Abs. 3 EnWG). Sie dürfen dann sogar fristlos kündigen. Kündigt der Stromanbieter vor Vertragsablauf eine Preiserhöhung an, die sich auf die Verlängerung des Vertrages bezieht, dürfen Sie ebenfalls kündigen.

Achtung: Fristen beachten

Rechtliche Sicherheit muss es aber natürlich auch für den Stromanbieter geben. Auch er muss kalkulieren können. Daher haben Sie eine Frist von zwei bis vier Wochen, in der Sie der Preiserhöhung widersprechen oder den Vertrag kündigen können. Meist ist diese Kündigungsfrist in der Ankündigung der Preiserhöhung angegeben.

Was von bunten Flyern und hübscher Werbung Ihres Stromanbieters zu halten ist

Sobald Sie Post – auch im Online-Postfach – von Ihrem Stromanbieter erhalten, müssen Sie wachsam sein. Werbung enthält manchmal an unauffälliger Stelle die Ankündigung einer Preiserhöhung. Übersehen Sie diese, läuft die Frist, ohne dass Sie es bemerken. Wenn Sie nicht reagieren und etwa widersprechen oder kündigen, darf der Stromanbieter das als Zustimmung werten.

Sie sind dann an diese neuen Preise gebunden; sie werden Teil Ihres Vertrages. Eigentlich hat der Gesetzgeber versteckte Hinweise auf Preiserhöhungen ausgeschlossen. Denn der Anbieter hat „auf transparente und verständliche Weise über eine beabsichtigte Änderung der Vertragsbedingungen und über ihre Rücktrittsrechte zu unterrichten“ (§41 Abs. 3 EnWG).

Da Anbieter die Worte „transparent“ und „verständliche Weise“ sehr weit auslegen, bleibt Ihnen als Verbraucher oft nichts anderes übrig, als jedes Schreiben Ihres Anbieters sorgfältig zu prüfen.

Sonderkündigungsrecht bei Steuern und Umlagen möglich?

Übrigens gilt das Sonderkündigungsrecht auch bei der Erhöhung von Preisen, wenn diese aufgrund von Steuern oder anderen Umlagen zustande kommen. Manche Anbieter behaupten, nur wenn der eigentliche Strompreis sich ändere, sei das Sonderkündigungsrecht anwendbar.

Zwei Urteile, eines höchstrichterlich, haben hier allerdings für Klarheit gesorgt: einmal das des OLG Düsseldorf (05.07.2016 – I-20 U 11/16) sowie das des Bundesgerichtshofes (05.07.2017 – VIII ZR 163/16). Auch bei der Preiserhöhung aufgrund von Steuern oder anderen Umlagen gibt es für Sie ein Sonderkündigungsrecht.

Sonderkündigungsrecht bei Umzug

Welche Möglichkeiten haben Sie, wenn Sie umziehen? Sie planen einen Umzug und haben einen Vertrag mit einem Grundversorger, also einen fristlosen Vertrag? Dann dürfen Sie diesen ebenfalls kündigen. Haben Sie einen (befristeten) Vertrag mit einem Sonderversorger, sieht die Sache anders aus: In diesem Fall sind Sie es, die von Ihrer Willenserklärung zurücktreten, beliefert zu werden.

Aus diesem Grund haben Sie bei Umzug kein Sonderkündigungsrecht. Sie müssen die Stromlieferungen bis zum Ende der Vertragslaufzeit bezahlen. Entweder es gelingt, den Umzug dementsprechend zeitlich zu planen oder Sie müssen gegebenenfalls für einen bestimmten Zeitraum doppelt zahlen.

Wahrung der Form

Kündigen sollten Sie immer schriftlich. Wenn Sie gleich zu einem anderen Stromanbieter wechseln, kann der für Sie die Kündigung beim alten Anbieter übernehmen. Sie autorisieren ihn vorher dazu, wenn Sie ihn mit der weiteren Stromlieferung beauftragen. Wenn es Sie eine 14-Tage-Frist einhalten müssen, erledigen Sie die Kündigung besser selbst und mit einem Einschreiben.

Es kann sein, dass der neue Anbieter längere Bearbeitungszeiten hat. In dem Fall würde Ihre Kündigung unter Umständen die Frist nicht wahren. Musterbriefe im Internet, am besten von den Seiten der Verbraucherzentralen, sind eine gute Möglichkeit, bei der Kündigung die richtige Form zu wahren.

Titelbild © gopixa – Panthermedia.net

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